Mein Weg

Als Kind war ich eher still. Schüchtern, zurückhaltend – vor allem, wenn ich vor Menschen sprechen sollte. Referate waren für mich der blanke Horror. Doch sobald ich auf einer Bühne stand, ein Gedicht vortragen oder ein Lied singen durfte, passierte etwas in mir: Ich wurde mutig. In der Kunst, in der Stimme, im Spiel konnte ich ausdrücken, was ich sonst nicht aussprach. Da war Raum für das, was in mir lebte.
Ein Schlüsselmoment war meine erste Opernerfahrung: Ich erinnere mich nicht nur an die Musik – ich erinnere mich an die Schwingung. Die Sängerin berührte mich mit ihrem Ausdruck so tief, dass ich ihren den Klang ihrer in meinem ganzen Körper spüren konnte. Mir war klar: Ich will das auch. Ich will mich ausdrücken, will klingen und mit meiner Stimme bewegen.
Ich entschied mich, Gesang zu studieren – und war zu allem bereit. Ich übte, arbeitete, analysierte. Ich wollte alles lernen, alles richtig machen. Und irgendwann sagte meine Stimme: Stopp.
Nicht mehr singen, nicht mehr klingen.
Ich hatte meine Stimme gefordert – aber nicht gehört.
Dieser Moment hat mich verändert. Ich begann, wirklich zu lauschen: Nicht nur auf den Ton, sondern auf das, was in mir klingt. Ich lernte, dass meine Stimme nicht nur ein Mittel zum Ausdruck ist, sondern ein Spiegel und innerer Kompass. Dass sie mir zeigt, wann ich verbunden bin – und wann nicht. Dass sie leise wird, wenn ich mich selbst überhöre. Und kraftvoll, wenn ich auf mich höre.
Heute weiß ich: Meine Stimme ist mein Wegweiser.
Sie bringt mich in Kontakt mit meinen Gefühlen und zu meinem natürlichen Ausdruck. Sie zeigt mir, wann ich ehrlich zu mir bin – und wann ich mich verrate oder mir untreu bin. Und sie schenkt mir die Möglichkeit, mit anderen in Verbindung zu treten.
Nicht perfekt. Sondern echt.
Ich lerne jeden Tag. Und ich bin zutiefst dankbar, dass ich meine Stimme nicht nur beruflich nutze, sondern als bewusstseinserweiternden Wegweiser.